Rock en Seine 2012: Mit dem Rucksack nach Paris

News am 28. August 2012 von Sina

Eins vorweg: Man kann den Franzosen, speziell den Parisern, einiges vorwerfen: Arroganz, fehlende Fremdsprachenkenntnisse und Selbstverliebtheit, aber eins, dass koennen sie: ein Festival organisieren. Das Rock en Seine fand dieses Jahr zum 10. Mal in der Domaine National de Saint-Cloud, einem Vorort von Paris, vom 24.-26. August statt. Wie der Name schon sagt, sind vor allem international bekannte Rockbands, aber auch nationale Groessen vertreten. Headliner dieses Jahr waren Placebo, The Black Keys und Greenday.

Das Rock en Seine ist eines der bestorganisiertesten Festivals, dass ich je besucht habe. Hier findet sich alles, was das leidenschaftliche Festivalherz begehrt:

  • die saubersten sanitaeren Anlagen aller Zeiten (inklusive Handwaschbecken mit fliessend Wasser)
  • Warmwasserduschen
  • riesiges Festivalgelaende
  • internationale Kueche wo man geht und steht
  • Suessigkeitenstaende
  • Infopersonal en masse
  • einen Kinder Rockbereich (Mini-Rock en Seine)
  • Ausstellungen
  • Riesenrad
  • Zirkus mit Zauberschows
  • und vieles vieles mehr….

Vor allem die riesen Auswahl an Essen hat es mir angetan. In der internationalen Ecke, von uns freundlich „Die Mamas“ genannt, findet man fuer jeden Geschmack den passenden Kochtopf. Fuer halbwegs humane Preise und Mengen bekommt man Ethiopisch, Falafel, Thai, Chilli con Carne, gebackene Kartoffel, Pizza und total festivaltypisch: Sushi.

Wenn man einen Besuch des Rock en Seine plant, sollte man auf jeden Fall einen Abstecher nach Paris machen. Reist man mit den Öffentlichen, oder wie wir, mit der MFG kommt man um die Hauptstadt Frankreichs gar nicht herum.  Von der Innenstadt erreicht man das Festival ganz leicht mit der Metro. Nachdem wir unsere Rucksaecke geschultert haben, machten wir uns auf den Weg. Unsere Tickets mussten wir am anderen Ende des laenglichen Festivalgelaendes abholen, was im Klartext hiess: Um zum Campingplatz zu kommen, mussten wir den ganzen Weg hin auch wieder zurueck. Wir hatten das grosse Glueck und durften auf dem Campingbereich der zahlreichen Freiwilligen naechtigen. Das ersparte uns den 2km langen Fussmarsch bergauf zum oeffentlichen Campingplatz.

Endlich angekommen, machten wir uns ans hauesliche einrichten, musikalisch untermalt von Billy Talent, die die Grand Scene am Freitag Nachmittag eroeffneten.  Kurz vor 5  konnten wir uns auf dem grossen Spielplatz das erste Mal richtig umsehen. Das Rock en Seine bietet mit seinen 4 Buehnen fuer jeden Besucher das richtige Programm.

Die Grand Scene fuer die Headliner, die zweitgroesste Buehne, Scene Cascade, fuer die weniger grossen, aber nicht minder bekannten Kuenstler, die Scene Industrie fuer die Geheimtipps und die Pression Live fuer alle Liebhaber der elektronischen Musik. Mit dem ersten Bier in der Hand, lauschten wir den letzten Klaengen der Indierocker Citizens.  Frisch gestaerkt erwartete uns das erste grosse Highlight des Festivalwochenendes: Get Well Soon.

Der deutsche Kuenstler Konstantin Grapper begeisterte mit seinen melancholischen Klaengen und fantastischen Texten. Das Besondere an diesem Auftritt war allerdings die Kollaboration.

Get Well Spoon wurde unterstuetzt vom Pariser Nationalorchester, dem Orchestre National d`Ile de France. Die 50 Musiker liessen das Konzert zu einer unbeschreiblichen Reise durch die Hoehen und Tiefen der Musik werden. Befluegelt von diesem Auftritt erwartete uns Kontrastprogramm. Direkt gegenueber auf der Scene Industrie spielten The Knux. Ein amerikanisches Hip Hop Duo, was sich und sein Publikum ueberhaput nicht ernst nimmt und einfach eine unglaubliche Party feiert. Der absolute Geheimtipp des Tages.

Ohne Pause ging es mit einer Band weiter, auf die ich mich persoenlich besonders gefreut hab: The Shins.

Leider war der Auftritt eher enttaeuschend, die Band gab sich zwar alle Muehe ihr Publikum zu begeistern, aber irgendwie wollte der Funke nicht ueberspringen. Vielleicht waren wir nach dem Irrenhaus The Knux auch einfach nicht in Stimmung. Auf der Suche nach ein bisschen Tanzmusik zogen wir weiter Richtung Grande Scene zu Bloc Party.

Die Band um Saenger Kele Okereke hat mir so einige Jugenpartys versuesst, aber vom neuen Album Four war ich enttauescht und so war es auch mit ihrem Auftritt. Die alten Songs schlugen ein, die Neuen waren eher flau. So machten wir uns auf den Weg in die Atmosphaere Islands, denn im Anschluss spielten die unglaublichen Sigur Ros. Hier konnte man sich hinsetzen, in den Sternenhimmel schauen und seine Gedanken schleifen lassen. Ein Moment der Ruhe fuer die Besucher des Rock en Seine 2012. Kurz vor Schluss hiess es: Achtung Headliner. Auf der Grand Scene spielten Placebo.

Egal, ob man die Band rund um den Frontmann Brian Molko mag oder nicht, ihre Konzerte sind der Wahnsinn. Anderthalb Stunden begeistern die drei Bandmitglieder ihr tausendfaches Publikum. Der Schlagzeuger donnert bis zur voelligen Erschoepfung, waehrend Molko und das Publikum schreien: See you at the bitter end. Voellig kaputtgespielt konnten wir die Klaenge der Elektro DJs von C2C nur noch beim Zaehneputzen erhaschen und uns danach ins Zelt tanzen.

Nachdem der Freitag schon so gross begonnen hat, starten wir nach einem ausgiebigen Waldbodenschlaf in den Samstag. Typisch franzoesisch mit Grand Cafe und Croissants. Auf der Hauptbuehne gings um halb vier, bei strahlendem Sonnenschein, los mit den zweiten Islaendern am Wochenende: Den Newcomern Of Monsters and Men

Die symphatischen Indierocker spielten ihr komplettes Repertoire und hatten sichtlich Spass dabei. In der ersten Reihe konnte man ausgiebig mittanzen. Waehrend eines weiteren Ausflugs in die internationale Kueche lauschten wir den Klaengen von Alberta Cross und duesten in den Abend. Gerade rechtzeitig erreichten wir danach die letzten Songs, der in Frankreich sehr beliebten, Caravan Palace.

Eine Mischung aus Chanson und Elektro-Beats. Zum kroenenden Abschluss gabs noch ein Gruppenbild mit dem Publikum. Auf der nahegelegenen Scene Industrie spielten die uns voellig unbekannten Deap Valley. Die beiden kalifornischen Punkladies spielten ihr erstes Konzert in Frankreich und waren sichtlich euphorisiert. Zu zweit rockten sie die Buehne. Die Schlagzeugerin sah mit ihrer roten Lockenpracht und grellgeschminkten Augen aus wie die Reinkarnation von Anni-Fried, der Frontfrau von Abba. Das Publikum war begeistert von der leichtbekleideten Frontfrau Lindsay und willig auf ihre Frage: „Who shows me some french nippels?“ zu reagieren. Um 20 Uhr hiess es fuer uns Back in Time, Noel Gallaghers High Flying Birds.

Hier tummelten sich massig alte Oasis Fans und irgendwie hatte man das Gefuehl, dass alle nur auf diese Songs warteten. Noel Gallagher liess warten. Die etwas in die Jahre gekommende Rocklegende spielte vorallem neue Songs, die leider doch irgendwie alle gleich klangen. Am Ende gabs dann doch was alle wollten und gemeinsam sangen wir: „Don`t look back in Anger, I heard you say“. So nun aber schnell, um bei den Headlinern in der ersten Reihe zu stehen. Es war Zeit fuer The Black Keys. Die amerikanischen Vollblutrocker heitzten dem Publikum maechtig ein und boten ein breites Programm von alten und neuen Songs. Da war auch unsere amerikanische Stehnachbarin Heidi ganz aus dem Haueschen. Auch visuell war die Show ein absoluter Hingucker.

Gestaerkt wollten wir endlich auch mal Riesenrad fahren, wie auf dem Jahrmarkt dreht man hier entspannt seine Runden und bekommt einen fantastischen Blick ueber das in leuchtenden Farben getraenkte Festivalgelaende und die tanzende Massen zu Agoria. Wieder unten konnten wir es uns nicht nehmen lassen zu den Technoklaengen zu tanzen, besser abzuspacken. Ein Vorteil wenn man ein Festival im Ausland besucht: Es kennt einen Keiner.

Der Sonntag stand von Anfang an unter einem Stern: Green Day. Die Massen pilgerten schon Nachmittags in die ersten Reihen der Hauptbuehne. Unser Spiel „Wer zaehlt die meisten Greenday Tshirts“ mussten wir schnell wegen Ueberforderung aufgeben, es waren zu viele. So mischten sich auch unter die erste Band am Nachmittag Bombay Bicycle Club, mehrere grellgeschminkte Jungpunkerin. Die Band liess das kalt und sie spielten ihr tolles, mitreissendes Konzert voller Feuereifer. Der Saenger Jack Steadman ist der ungeschlagene Headbang-Koenig.

Den Nachmittag liessen wir, auch auf Grund der unglaubliche Massen an Menschen, eher ruhig angehen und lauschten mal hier mal da den Bands Family of the Year, The Dandy Warhols und Grandaddy. Um kurz vor acht betrat Little Dragon die Scene Industrie. Die schwedische Band spielt eine Mischung aus Trip Hop und Indietronica. Das Outfit der Frontfrau Yukimi Nagano laesst jedes Modeblogger-Herz hoeher schlagen. Foster the People waren leider nur noch sehr abseits zu vernehmen, es waren einfach zu viele Menschen und so entschieden wir uns fuer den Dreampop der Band Beach House. Dieses Konzert war ein absolutes Erlebnis. Ihre Buehnenshow suggerierte einen sternenreichen Nachthimmel, der Sommerabend war lau und die Klaenge bezaubernd.

Danach war es Zeit fuer das Grande Finale. Wir folgten den Massen zu Green Day. Die Show war wirklich toll. Frontmann Billy Joe Armstrong versteht es mit den Publikum zu spielen.

So holte er zahlreiche kreischende Fans auf die Buehne und schoss mit Klopapierbombern um sich. Da war kein Halten mehr. Die 2h Konzert waren jede Sekunde wert, und Armstrong verabschiedete sich von seinem Publikum in einer Akkustikversion mit den Worten „It’s something unpredictable, but in the end It’s right. I hope you’ve had the time of your life“. Das Heeehoooo der Fans war noch bis in die Nacht hinein auf dem ganzen Gelaende des Rock en Seine 2012 zu hoeren.

Wers auf Festivals eher klein und beschaulich mag, macht lieber einen grossen Bogen um das Rock en Seine. Allen anderen sei gesagt, dieses Grossstadtfestival hat es in sich. Angefangen bei der liebevollen Dekoration, der guten Verpflegung, unglaublich viel Platz bis hin zum phaenomenalen Line up.

Wir berichteten auch über das komplette Rock en Seine LineUp, Weiteres zum Rock en Seine hier bei uns und auf www.rockenseine.com. Hier gibt es weitere Rock en Seine Bilder aus 2012.

 

Ein Kommentar zu “Rock en Seine 2012: Mit dem Rucksack nach Paris”

  1. Nummer 1: Rock en Seine 2013 – Das diesjährige Line Up rockt gewaltig! sagt:

    […] Das alles vor den Toren Paris’, in einer äußerst lauschigen Location, dem Parc de Saint Cloud, mit wahnsinnig gutem Essen, auf 4 Bühnen und so richtig gut organisiert. Plus: Camping – das ist schon ein bisschen jackpotverdächtig. Beweise? Dann lest doch den Festivalreport von Sina aus dem letzten Jahr. […]

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