TFF Rudolstadt 2012 – Der Freitag

News am 7. Juli 2012 von Teliko

Nach dem tollen Start des 22. Tanz- und Folkfestivals in Rudolstadt am Donnerstag stand am Freitag der erste komplette Festivaltag an. Am Freitag fanden erstmals in nahezu allen Locations Veranstaltungen statt. Somit wurde das wichtigste Utensil auf dem TFF wieder das Programmheft oder die erstmals angeboten Handy-App, um den Überblick über die vielen Auftritte nicht zu verlieren und keins der Konzerte zu verpassen.

Trotz des voll gepackten Konzertprogramms lohnt es sich aber auch in diesem Jahr einen ausgiebigen Rundgang durch die Stadt und das Festivaltage zu machen. Dabei bieten sich für den aufmerksamen Beobachter viele tolle Anblicke. Angefangen von der wieder einmal toll geschmückten Stadt, über die unzähligen Verkaufsstände, die alles Mögliche im Angebot haben, viele Straßenmusiker bis hin zu den anderen Besuchern selber. Sich einfach mal ein paar Minuten Ruhe zu gönnen und seine Umgebung zu beobachten lohnt sich auf dem TFF fast so sehr, wie ein komplettes Konzert.

  

Traditionsgemäß ist Freitag der eigentliche Eröffnungstag auf dem TFF. Die offizielle Eröffnung fand, wie jedes Jahr, auf dem Markplatz von Rudolstadt statt und wurde mit einer China Revue kombiniert, bei dem man einen ersten Eindruck über den diesjährigen Länderschwerpunkt China bekommen konnte.

Parallel zur Eröffnung fand das Konzert des Hypnotic Brass Ensembles auf der Großen Bühne, Heinepark statt. Angekündigt als die „eigensinnigste Bläser-Combo der USA“ stellten sie wohl das perfekte Kontrastprogramm zu einer offiziellen Veranstaltung dar. Das sie etwas besonderes sind, bewiesen die zum grossteil verwandten Bandmitglieder schon vor dem Konzert, als Einige von ihnen es sich nicht nehmen ließen in den Fotograben vor der Bühne zu kommen und jeden Besucher in der ersten Reihe persönlich zu begrüßen und abzuklatschen. An der Stelle sei gesagt, dass es sich nicht um ein leeres Konzert handelte, sondern der Platz vor der Bühne wieder gut gefüllt war. Wenig später verwandelte sich genau diese Menge in eine wild tanzende große Masse. Schuld dafür war die unheimlich mitreißende Musik, die das Hypnotic Brass Ensemble auf der Bühne zum Besten gab. Eine derartig groovige Basslinie schaffen viele nicht auf ihrer Bassgitarre. Hier wurde sie mit einer Tuba gespielt. Man konnte den Eindruck bekommen, dass der nächste Stopp der Jungs, die schon vor Barack Obama spielen sollte, auf dem Splash-Festival stattfindet. Dort würden sie stimmungsmäßig auf jedenfalls auch gut hinpassen.

  

In eine ähnliche Kerbe schlug im direkten Anschluss das Konzert der Musiker von  Kellerkommando auf der Konzertbühne, Heinepark. Klingt der Mix aus bayrischer Volksmusik und Rap im ersten Moment nur schwer vorstellbar, war man schon nach wenigen Liedern vollkommen von der Musik und den Texten von Kellerkommando begeistert und konnte sich nur schwer nicht mitreißen lassen.

Die Gewinner des Creole-Bundeswettbewerbs 2011 überzeugten dabei aber nicht nur musikalisch sondern, mit der gesamten Bühnenshow. So wurde das Konzert kurzerhand mitten im Publikum begonnen und erst nach und nach auf die Bühne verlagert. Die „Volksmusiker“ waren stilecht mit Lederhose- und Hut begleitet, während der MC auf keiner Hip Hop Party auffallen würde. Ein durchaus gelunger Auftritt der für ausgelassene Stimmung im Publikum sorgte!

  

Wieder einmal im kompletten Kontrast bot sich nahezu zeitgleich zu Kellerkommando auf der Großen Bühne, Heidecksburg die Gelegenheit wohl das Highlight des diesjährigen Länderschwerpunkts China zu erleben. Dort sang Gong Linna & DaBaiSang begleitet von den Thüringer Symphonikern Saalfeld-Rudolstadt. Die chinesische Sängerin Gong Linna sorgte dabei in perfekter Atmosphäre in der tollen Kulisse der Heidecksburg für Gänsehautstimmung. Zusammen mit ihrem Chor DaBaiSang und den Thüringer Symphoniker ergab sich ein Konzerterlebnis, was man sich ohne größere Schwierigkeiten in den großen Konzerthäusern weltweit vorstellen konnte. In einigen Momenten stellte man sich sogar vor, wie perfekt ein Donnerschlag passen würde. Doch auch bei diesem Konzert blieben die angekündigten Gewitter erfreulicherweise aus. Als Besonderheit dieses Konzerts sei genannt, das ein mehrstimmiger Chor für China immer noch eine Besonderheit darstellt. Schade an der Stelle nur, dass die Konzertbühne durch die große Anzahl der Musiker so voll war, dass man keinen freien Blick auf genau diesen Chor werfen konnte.

  

Eins musste man auf jeden Fall an diesem Samstag feststellen. Der Wettergott muss ein Folker sein. Während in Orten, nur weniger Kilometer von Rudolstadt entfernt, schwere Unwetter in der Nacht von Donnerstag auf Freitag für Chaos sorgten, blieb das TFF weitgehend davon verschont. Doch damit nicht genug! Während des Festivaltages blieb es bis auf wenige vereinzelte Tropfen entgegen der Ankündigung sämtlicher Wetterdienste sogar trocken.

Davon dass jedes Jahr international hoch dekorierte Künstler den Weg auf das TFF finden konnte man sich ab 21:00 Uhr auf der Großen Bühne, Heinepark überzeugen. Dort gab Béla Fleck sein können zum Besten. Béla Fleck gilt als der ungekrönte König des Banjos und ist der Musiker mit den meisten Grammy-Nominierungen. Immerhin elf davon konnte er auch gewinnen. Unwirklich wirkte dabei, wie leicht er sein komplexes Spiel aussehen ließ. Auch ein kurzes Nachstimmen seines Instruments zwischen zwei Taktschlägen fiel nur auf, wenn man sehr genau beobachtete. Doch das TFF wäre nicht das TFF, wenn es allein auf diese Performance nicht noch einen drauf setzen würde. So spielte Béla Fleck kein Einzelkonzert, sondern kollaborierte mit Oumou Sangare – einer fantastischen afrikanischen Sängerin. Ihr Gesang und das Banjo-Spiel von Béla Fleck sorgten zusammen mit der Bandbegleitung für eins der bisher technisch besten Konzerte auf dem diesjährigen TFF.

   

Für Musik aus einer anderen Zeit zeigte sich wenig später Sallie Ford & The Sound Outside verantwortlich. Schon im Programmheft wurde die Frage gestellt, ob in Portland, Oregon die Uhren anders laufen. Warum diese Frage aufgeworfen wurde, sah und hörte man nach wenigen Augenblicken. So betrat eine 23-jährige Frau mit Schlapphut, alter Brille und Blümchenkleid die Bühne, die auch von ihrer Ausstrahlung perfekt auf eine Zeitreise in die 50er Jahre vorbereitet zu sein schien. Da wunderte es auch wenig, warum ihre eine „Backfisch“-Ausstrahlung nachgesagt wird.

Aus dieser Zeit entstammte dann auch die Musik, die Sallie Ford und ihre Band spielten. Derartig dreckigen 50-Jahre-Rock hört man im 21. Jahrhundert nur noch selten. Kombiniert mit dem dazu passenden Outfit und der markanten Stimme von Sallie Ford ein stimmiger Auftritt.

 

 

Den Abend abschließen durften dann Systema Solar auf der Großen Bühne, Heinepark und spätestens jetzt war vermutlich der „Kulturschock“ für einige alt eingesessenen Folker perfekt. Zeigte sich das TFF 2012 am Freitag zumindest auf den großen Bühnen sehr modern und jung, setzen Systema Solar dem ganzen das i-Tüpfelchen auf. Jetzt wurde es nicht nur laut und bunt auf der Bühne, sondern auch sehr elektronisch. Die nahezu clubreife Musik der aus Kolumbien stammenden Musiker sorgte zumindest bei dem vornehmlich jungen Publikum vor der Bühne für absolute Begeisterung und somit wurde am Ende des zweiten Festivaltages getanzt.

Zum Abschluss unseres Berichtes müssen wir jedoch noch zwei unschöne Ereignisse am gestrigen Festivaltag ansprechen. Tragische Szenen spielten sich kurz nach 18:00 Uhr beim Konzert der Magic Concertinas auf der Burgterasse, Heidecksburg ab. Dort brach nach wenigen Liedern einer der Gastmusiker leblos zusammen und musste noch auf der Bühne wieder belebt werden. Über den aktuellen Zustand des 80-jährigen Musikers können keine Aussagen gemacht werden. Das Magic Concertina Konzert wurde verständlicherweise abgebrochen und das Programm auf dieser Bühne erst mit dem nachfolgenden Konzert von Dota & die Stadtpiraten wieder aufgenommen.


Dass auch ein Festival nicht von politischen Differenzen verschont bleibt zeigte sich dann am späten Abend beim Konzert der Tashi Lumpo Monks. Die aus Indien und Tibet stammenden Mönche wollten bei ihrem Auftritt ein Gebet an den Dalai Lama und eine weitere – uns nicht bekannte –  Person richten. Für dieses sollten zwei Bilder auf einen kleinen Altar gestellt werden. Dies verärgerte aber die chinesische Delegation vertreten durch den Kultur-Attache so sehr, dass es zu einer heftigen Diskussion hinter den Kulissen kam. Erst nach einer halbstündigen Verzögerung des Konzerts konnte ein Kompromiss gefunden werden. Die Mönche musste das eine Bild abkleben, bevor sie die Zeremonie durchführen durften. (so waren unsere ersten Informationen, genaueres und weiteres dazu hier, Anm.d.Red.)

Für ein erfreuliches Ende unseres Berichtes hier noch mehr Bilder:

   

5 Kommentare zu “TFF Rudolstadt 2012 – Der Freitag”

  1. Nummer 1: TFF Rudolstadt 2012 – Der Samstag | Festival News sagt:

    […] bereits am Freitag sprach das Programm am Abend im Heinepark, dann vor allem das junge Publikum an. Während auf […]

  2. Nummer 2: Gentleman: “Free Tibet!” Chöre schallen vom TFF Rudolstadt | Festival News sagt:

    […] eine TFF-Zwischenbilanz von der Pressekonferenz, sowie die TFF-Rückblicke von Samstag (1/2), Freitag und Donnerstag. Weitere Rückblicke folgen in unseren Festivalberichten. TFF-Bilder von den […]

  3. Nummer 3: TFF Rudolstadt 2012 – Der Sonntag | Festival News sagt:

    […] TFF Rudolstadt 2012 – Der Freitag […]

  4. Nummer 4: TFF Rudolstadt präsentiert Programm 2013 sagt:

    […] Programmheft wird von 3€ auf 5€ steigen. Zur erweiterten Vorfreude könnt ihr gern in unsere Rückblicke aus dem letzten Jahr schauen, auch das Interview mit Shantel “Wie ein Alien” ist zu […]

  5. Nummer 5: TFF Rudolstadt 2013 – Der Freitag sagt:

    […] war auf dem letztjährigen TFF im Rahmen des Magic Concertinas Konzerts auf der Bühne Burgterasse mit einem Herzinfarkt zusammengebrochen und musste noch auf der Bühne wiederbelebt werden. Umso schöner zu sehen, dass er sich wieder so […]

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