Am 27. und 28. Juni 2025 feierte das Impericon Festival sein 20-jähriges Bestehen – und das mit einer Premiere: Erstmals in seiner Geschichte erstreckte sich das sonst eintägige Spektakel über zwei volle Tage. Die Location blieb dabei vertraut – die Neue Messe Leipzig, die sich erneut als perfekter Ort für das traditionsreiche Indoor-Festival erwies.
Mit gut 10.000 Besucher*innen pro Tag war das Gelände gut gefüllt – und trotzdem voller Vertrautheit. Alte Bekannte, ein bekanntes Gelände und zwei Indoor-Bühnen, die Monster Stage und die Wildcat Stage, sorgten für ein gewohntes Zuhausegefühl. Neu war in diesem Jahr, die gewachsene Bühne zum selber Singen: In einer angrenzenden Halle lud die Radio Bob Karaoke Stage zum Mitsingen ein.
Auch abseits der Bühnen gab es einiges zu entdecken: Merchandise-Stände von Impericon, American Socks, Peta oder der Hardcore Help Foundation reihten sich neben Tattoo- und Piercingständen von Wildcat und Monster, während Essensstände mit veganem Gyros, Handbrot, Langos, Vöner, Pizza, Knobibrot, Pommes und vieles mehr für volle Mägen sorgten. Das Autogramm seiner Lieblingsband durfte auch an diesem Wochenende natürlich nicht fehlen.
Das Wetter gab sich, eher untypisch für den Juni, aprilhaft – Sonne, Regen, Wolken, alles war dabei. Besonders am Freitag gab es mittags und nachmittags immer wieder Schauer, aber die feierwütige Menge ließ sich davon nicht bremsen.
Ein Bericht von Festivalhopper Gabriel
Tag 1 – Freitag, 27. Juni 2025
Bereits ab Mittag bildete sich eine lange Schlange am Bändchentausch. Trotz des Andrangs und einer Schlange, welche kein Ende zu nehmen schien, lief alles erstaunlich zügig.
Eröffnet wurde das Festival musikalisch von Necrotted, die die Wildcat Stage mit ihrer brutalen Mischung aus Death Metal und Core-Klängen aus Süddeutschland einweihten. Ein düsterer, energiegeladener Auftakt, der bereits erste Bewegungen im Publikum hervorrief.
Myra folgten auf der Monster Stage. Die Metalcore-Band aus Leipzig selbst sorgte für den ersten größeren Circle Pit des Tages. Zwar war das Publikum noch ein wenig verteilt über das Gelände, die Stimmung war aber bereits aufgeladen – auch wenn sich das Energielevel noch steigerte.
Mit Elwood Stray kam dann Bewegung in die Massen. Die Post-Hardcore-Formation aus Deutschland brachte mit Songs wie No Cure und Evolve die ersten Crowdsurfer in Richtung Bühne. „Wir wollen Chaos sehen!“, rief der Sänger – und er bekam, was er verlangte. Der Moshpit tobte, das Publikum ließ sich mitreißen, und die Security hatte ordentlich zu tun.
Fit for an Autopsy aus den USA legten mit drückenden Bässen und tiefem Groove nach. Während draußen der Regen leise auf das Hallendach trommelte, wurde drinnen bei Warfare ausgiebig gemosht, gecrowdsurft – teils sogar auf einer aufblasbaren Banane – und mit Devil Horns in der Luft.
Später am Nachmittag riefen ZSK zum Tanz – und zum Widerstand. Die Punkband aus Berlin warf nicht nur musikalisch mit Songs wie Ausverkauf und dem neuen Track Wir kommen in deine Stadt eine Wahnsinnsparty in den Raum, sondern positionierte sich auch politisch unmissverständlich: „Die AfD ist eine verschissene Dreckspartei, wenn die AfD an der Macht wäre, wären Festivals wie dieses verboten!“, rief der Sänger unter lautem Applaus.
Mit Gast Pudding aus Grimma vom Jugendzentrum gab es bei Alle meine Freunde hassen die AfD kollektive „Nazis raus!“-Rufe, ein riesiges „Kein Bock auf AfD“-Banner zierte die Bühne, und bei Antifascista wurde einer der größten Circle Pits des Tages gestartet.
Der Abend wurde schräg, wild und feuchtfröhlich mit The Butcher Sisters. Die Partycore-Formation aus Deutschland verwandelte die Bühne in ein absurdes Theater: Babypuppen flogen durch die Luft, Ballontiere wurden geworfen, Wasserpistolen sorgten für Abkühlung, und es gab sogar einen passenden Song zum mitgebrachten Ball, der von der Menge gefordert wurde. Zwischen Liedern über Bauchtaschen (Ich hab Durst) und Eskalation kam der Wahnsinn nicht zu kurz – Wall of Death inklusive.
Kanonenfieber lieferte danach einen atmosphärisch dichten Auftritt. Die Black-Metal-Band mit thematischem Fokus auf den Ersten Weltkrieg inszenierte sich mit Feuer, Schnee, Explosionen und einem riesigen U-Boot auf der Bühne. Songs wie Der Füsilier hallten beklemmend durch die Halle, während CO₂-Kanonen und authentische Outfits für Gänsehaut sorgten.
Mit Swiss & Die Andern aus Hamburg kam wieder Energie zurück ins Spiel. „Lärm für Chemie und Frauenfußball!“, rief der Sänger – nicht alle konnten sich damit anfreunden, aber die Stimmung war dennoch grandios. „Fickt die AfD! Alerta antifascista!“ schallte es aus dem Publikum. Zwei Frauen crowdsurften in Schlauchbooten zu Punkah in Sri Lanka, während bei Bullenwagen klau’n keine Kehle stillblieb.
Stick to Your Guns aus Kalifornien lieferten einen der intensivsten Auftritte des Tages. Bereits beim Opener Nobody flogen die ersten Crowdsurfer Richtung Bühne. Die kalifornischen Hardcore-Veteranen spielten sich durch eine perfekte Setlist, bei der Nothing You Can Do to Me und Married to the Noise für riesige Circle Pits sorgten.
Sänger Jesse wünschte sich für seinen Bruder Chris – ein Geburtstagsgeschenk, ein gigantisches Circle Pit setzte sich in Bewegung und führt bis zu den Tribünen gegenüber der Bühne. Amber erfüllte die Halle mit Chören und Bewegung. Den krönenden Abschluss bildete Against Them All, bei dem sich alle noch einmal stimmlich verausgabten.
Direkt im Anschluss schlug die Hardcore-Institution Hatebreed zu. Mit Songs wie I Will Be Heard, Doomslayer, Perseverance und dem finalen Destroy Everything bewiesen die US-Amerikaner eindrucksvoll: Wer Hatebreed bucht, bekommt 100 % Energie. Unterstützt wurden sie dabei von First Bloods Bassist – ein weiteres Highlight.
Bury Tomorrow nahmen auf der Wildcat Stage als Headliner das Zepter in die Hand. Das britische Metalcore-Schwergewicht zeigte sich stolz, nach vielen Jahren endlich an der Spitze des Line-Ups zu stehen. „Ich will 2000 Crowdsurfer sehen!“, rief der Sänger – und Leipzig lieferte. Die Menge ergoss sich in einem nicht enden wollenden Strom Richtung Bühne – begleitet von Pyrotechnik und einem bombastischen Sound.
Den krönenden Abschluss des Freitags lieferten Heaven Shall Burn. Die Thüringer Metal-Veteranen feierten nicht nur den Release ihres zehnten Albums Heimat, sondern auch das Impericon-Jubiläum mit Songs wie Voice of the Voiceless und dem neuen Empowerment. Emotional wurde es, als Sänger Marcus von seinem Stimmverlust bei Rock am Ring berichtete – und davon, wie Britta Görtz für ihn eingesprungen war. Diese erschien unter Applaus auch hier auf der Bühne, sang Black Tears und Endzeit gemeinsam mit der Band.
„Haltet unsere Szene von Faschodreck sauber!“, rief Gitarrist Maik – und wurde dafür gefeiert. Leipzig beendete den Abend mit Feuer – im Herzen und auf der Bühne.
Tag 2 – Samstag, 28. Juni 2025
Am Samstag zeigte sich Leipzig sonnig und sommerlich. Der zweite Festivaltag begann entspannt.
Hard Time’s Don’t Last eröffneten die Monster Stage und brachten erste Energie in die wachwerdende Menge, während Defects im Anschluss die Wildcat Stage mit modernem Metal füllten.
Guilt Trip, Delilah Bon und As Everything Unfolds sorgten für ein abwechslungsreiches Mittagsprogramm, bevor Within Destruction aus Slowenien die Halle mit ihrem „Animetal“ aufweckten. Bei Hilde & Sick rief der Sänger: „Make some fucking noise!“ – und Leipzig tat, wie ihm geheißen. Mit Wall of Death, Circle Pit und einem Gitarristen im Publikum wurde dieser Auftritt zum frühen Highlight.
Mit Boston Manor kam etwas Ruhe in die Halle. Der Sänger forderte mehrere Moshpits zu ihrem härtesten Song – das Publikum folgte. Trophy Eyes aus Australien hatten es dagegen schwerer, das Publikum zu packen – doch einzelne Stagediver wagten den Sprung.
Nachmittags wurden dann erneut Energiereserven mobilisiert: Letlive. legten eine atemberaubende Show hin. Ihr Sänger entleerte Wasserflaschen, rutschte auf dem Rücken über die Bühne, schmiss Mikrofonständer und sang direkt mitten im Publikum – bis hin zur Verschiebung des Podests samt Drumkit. Chaotisch. Emotional. Unvergesslich.
Paleface Swiss aus der Schweiz sorgten für dichte Atmosphäre mit roher Härte und berührenden Momenten. „Packt eure scheiß Smartphones weg, ihr kuckt euch das Video eh nie wieder an“, rief der Sänger. Die Botschaft war klar: Erlebt den Moment. Und genau das tat Leipzig – bei Feuer, Circle Pits und Crowdsurfern. „Seid lieb zueinander, seid nett, helft, jeder ist willkommen“, mahnte der Frontmann, bevor es nochmal richtig krachte.
Imminence vereinten Metal mit Geige und sorgten für Gänsehaut. Viele Emotionen, viele Crowdsurfer – das Publikum war voll dabei.
Polaris aus Australien lieferten dann wieder knallharten Metalcore. Kein Song ohne Bewegung im Pit, keine Pause für die Security.
Mit den Donots wurde es wieder politisch und wild. Der Sänger forderte Klimaanlagen auf Festivals und kündigte den ersten Headliner für 2026 an: „Rise Against“ – ein Geschenk an das Publikum, das sich dies mit einem Sprungwettbewerb verdiente. Bei Alles muss kaputt sein stürmte der Sänger mitten in den Circle Pit, Stop the Clocks wurde gefeiert, Klassiker wie What Ever Happened to the 80s und We’re Not Gonna Take It lautstark mitgesungen.
The Ghost Inside gaben danach alles – tiefe Bässe, Crowdsurfer, Two-Step bei Wash It Away, Emotionen bei Dear Youth und ein epischer Abschluss mit Engine 45.
Motionless in White brachten eine visuell beeindruckende Show auf die Bühne. Rollstuhlfahrer crowdsurften, Fans schrien sich die Seele aus dem Leib – ein Spektakel für Augen und Ohren.
Den furiosen Abschluss des Jubiläumswochenendes bildeten A Day to Remember auf der Wildcat Stage und Bullet for My Valentine auf der Monster Stage. Mit The Downfall of Us All, CO₂, Feuer, Konfetti, einer Menge Bälle , Circle Pits und have faith in me, für die ladies, setzten ADTR ein großes Finale. Jemand im Mario-Outfit schoss T-Shirts in die Menge, während sich Crowdsurfer aufeinander stapelten.
Bullet for My Valentine traten ohne ihren kranken Gitarristen Padge auf, spielten jedoch gewohnt souverän. Bei Tears Don’t Fall lagen sich viele in den Armen, während nochmal ordentlich gepogt wurde – ein runder Abschluss für zwei unvergessliche Tage.
Das Impericon Festival 2025 hat auch in diesem Jahr wieder gezeigt, was es heißt, eine Szene zu feiern – mit Wut, Liebe, Energie und Haltung. Wir sagen: Alles Gute zum 20. und auf die nächsten 20 Jahre! Mindestens aber am 26. – 27.06.2026, wenn es zum 21. Mal heißt: Impericon Festival in Leipzig.
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