In Gummistiefeln zur Jubiläumsfeier – Happy Birthday Endless Summer

News am 14. August 2017 von Gabriel Flöter

Vom 10. bis 12. August 2017 lud das Endless Summer Open Air in Torgau am Entenfang zum 20. Mal zum Tanz. Für gewöhnlich lässt man den Gastgeber einer solchen Feier nicht lange warten und deshalb parkten wir unser Auto am Donnerstag noch vor der ersten Band unter heimischer Flagge auf dem bereits gut gefüllten Festivalzeltplatz. Wem es nicht schnell genug gehen konnte, bezog am Mittwoch schon sein Zelt. Wer am Donnerstag anreiste, musste eine kleine Wartezeit am Einlass in Kauf nehmen. Aber Ordnung muss sein, Glasflaschenkontrolle und Bändchenvergabe brauchen nun mal seine Zeit und auch Nazis, Hunde und Waffen durften nicht mit auf Festival oder den Zeltplatz genommen werden. Der erste Eindruck war wie immer. Ein bisschen wie Nachhause kommen. Alles an Ort und Stelle, als wäre man nie weggewesen.

Punkt 18:30 erklangen die ersten Töne aus dem Zelt, denn Tobende Ossis aus Sachsen durften mit ihrem Oldschool Hardcore das Festival am Donnerstag eröffnen. Dicht gefolgt von Corrupted Youth und Lord James aus Cottbus, die die ersten Zeltgäste nicht nur mit ihrer vollen Pracht auf der Bühne, sondern auch mit Punkrock belohnten. Ein kleiner Spaziergang über das restliche Festivalgelände führte uns unter anderem zum Jägermeisterstand. Während die einen dem Genuss desselben frönten, fanden andere großen Gefallen am integrierten Fotoautomaten. Ob nun mit der neu gefundenen Festivalliebe, den besten Saufkumpels oder ganz allein, nur mit einem Jägermeisterhut bekleidet, konnte hier jeder eine schöne Festivalerinnerung mitnehmen.

Während die Feierei schon im vollen Gange war, wurde an der Mainstage noch fleißig aufgebaut, damit am Freitag dort die ersten Bands aufspielen konnten. Auf der Tentstage folgten an diesem Abend noch The Generators und Slapshot. Die reifen Herren aus Boston verstehen es nach wie vor, wie man Stimmung macht und waren somit ein gelungener Headliner zum Austoben am Donnerstagabend. Man muss ja das ganze Pulver nicht gleich am Anfang verschießen und deswegen war an diesem Tag erst mal Feierabend auf der Bühne. Der Regen und das Gewitter ließen zum Glück bis dahin auf sich warten. Wer sich nicht in sein eigenes verzog, fand Unterschlupf im Partyzelt.

Der Freitagmorgen startete, je nach Uhrzeit, meist trocken aber recht frisch. Wer gegen Mittag schon wieder auf den Beinen war, konnte sich auf der Main und Zeltstage The Welch Boys, Lawgiver, Get Dead und Coldburn zu Gemüte führen. Wir starteten mit Trash Metal von Siberian Meat Grinder auf der Main Stage und mit ihnen kam leider auch unser alter Bekannter der Regen wieder. Ponchos, Gummistiefel und aufgeweichte Iros bestimmten langsam das Festivalgelände. Broken Teeth hatten Glück und ballerten ihre Songs auf der Zeltbühne im Trockenen raus. Der fehlende Fotograben vor der Bühne gab Sänger Dale Graham und dem Publikum die Möglichkeit auf Tuchfühlung zu gehen. Auch wenn die tanzwütige Masse vor der Bühne ausblieb, so wurde doch jeder einzelne Stage Diver abgeholt und zur Not auch separat in den Pit getragen.

Nebenan auf der Mainstage folgten Lions Law aus Frankreich und brachten das Publikum vor der Bühne zum Tanzen. Stiefel müssen gepflegt werden und deswegen bekam dank des Wetters auch jeder Schuh seine ganz persönliche Schlammpackung. Ziemlich schnell und derb wurde es gleich danach bei Turnstile aus Baltimore im Zelt. Die Jungs bewegen sich auf der Bühne ähnlich schnell und wild wie ihr Publikum. Sänger Brendan genoss den Ausblick über den Pit gelegentlich von der Traverse um im nächsten Augenblick schon wieder ganz nah bei seinen Fans zu sein. Hier kam jeder auf seine Kosten und konnte nach Herzenslust die Gliedmaßen fliegen lassen.


Wenn der Puls schon einmal ganz oben ist, kann man ja direkt weitermachen. Ein paar Meter weiter zurück zur Mainstage spaziert, wurde es britisch. Gern gesehene immer gut gelaunte Gäste sind Buster Shuffle aus London beim Endless Summer geworden. Wenn Sänger Jet sein Publikum mit den ersten Tönen beglückt ist eigentlich kein Halten mehr. Die Fläche vor der Bühne entwickelt sich schnell zur Schlammschlacht und der ein oder andere Schuh hat wohl aus den Untiefen nie wieder herausgefunden. Our Night Out und Out Of Space lockten auch den letzten Tanzmuffel noch aus der Reserve. „You are always welcome“ lobte Jet sein Publikum und zeigte dem Brexit zwischen all den schwungvollen Songs den verbalen Mittelfinger. Einziger Wehrmutstropfen dieses Auftrittes: Backroundsängerin und Sympatieträgerin Carrie war leider nicht dabei. Party machen können die Briten trotzdem und so wurden Buster Shuffle mit viel Applaus in den Feierabend entlassen.

Für Risk It! war noch lange nicht Feierabend. Die Dresdner Jungs brachten die Hardcore Fans vor der Zeltbühne zum Schwitzen. Für uns war es Zeit für eine kleineStärkung. Wer nicht selbst grillen oder klassische Dosenravioli essen wollte, fand auf dem Gelände zwischen den Bühnen bestimmt etwas. Flammkuchen, Burger, Veldküche, Mexikanisch, Handbrot und ja, sogar unser geliebtes Knobibrot in doppelter Ausführung war im Angebot. Den kleinen Durst zwischendurch versorgte die Connewitzer Likörfabrik mit gemütlicher Sitzecke.

Wer sich nicht beim Likörchen nett unterhalten wollte oder einen trockenen Unterstand mit Bier und Zielgenauigkeit beim Bierpong suchte, konnte wenige Meter weiter die Berliner Psychobillyband Mad Sin genießen. Wir sind uns nicht sicher, wodurch wir während des Auftrittes nass geworden sind. Der wiederkehrende Regen oder die Spuckattacken von Sänger Köfte DeVille, die aber, rückblickend betrachtet, mehr ihn selbst getroffen haben. „Früher hätte ich das wieder aufgefangen“ so Köfte, während er auf eine 30 jährige Bandvergangenheit zurückblickt. Der Regen setzte zwischenzeitlich noch den Verstärker außer Betrieb. Macht aber nichts, „wir holen uns die fünf Minuten zurück“ tönte die Band und schmetterte Communication Breakdown und I shot the sherif ins Publikum. Wer Mad Sin kennt, wartet gespannt auf Bassist Valle und seinen dezent illuminierten Kontrabass, der regelmäßig Funken sprüht, während er die Saiten schlägt. Wir konnten dies inmitten der Schlammfläche vor der Bühne genießen. Regen hin oder her, ein charismatischer Auftritt einer ebenfalls gern gesehenen Band auf dem Endless Summer Festival. Positiv zu erwähnen wäre noch die fürsorgliche Security, die sich, nicht nur einmal, rührend um erschöpfte oder müde Festivalgäste kümmerte. Auch überraschende Gäste aus dem Publikum auf den Bühnen wurden sanft zurück in die Massen geleitet.

Mit aufgewärmten Tanzbeinen ging es zurück ins trockene Zelt, wo schon Terror auf uns warteten. Geplant war eigentlich die Jungs aus Los Angeles (thanks for da comment) auf der Hauptbühne spielen zu lassen, was aber kurzfristig umgeplant wurde. Gute Entscheidung, wie wir finden, denn Scott Vogel liebt sein stagedivendes Publikum und die Nähe zu den Fans.

Apropos Feier. Was passt besser zum Jubiläumsgeburtstag als Konfetti und Luftschlangen?! Dritte Wahl hatte beides im Gepäck und katapultierte das Publikum in frühere Zeiten. Die Rostocker Jungs spielten Songs von früher und heute und die Fans zeigten Textsicherheit. Den krönenden Abschluss gab es nicht nur dank der Konfettikanone. Der Refrain vom Song „Fliegen“ schallte noch 10 Minuten nach Auftrittsende im lauten Chor der Fans der Band auf der Bühne entgegen. Auf der Hauptbühne war nach diesem Auftritt für Freitag Schluss. Weiter ging es auf der Zeltbühne mit Miozän, Bonecrusher und Arthur and the Spooners, die um 01:30 Uhr ihren Auftritt begannen. Ein bisschen spät nach einem so langen Tag voller aufregender Bands, wie wir finden, aber das Partyvolk hielt tapfer durch und steuerte danach noch ins Partyzelt, in dem wie gewohnt die wilden Hits der 80er und 90er aus den Boxen schmetterten.

Gleich nach dem Mittagsschlaf ging es am Samstag in die dritte Runde des diesjährigen Endless Summer Open Airs. Gestartet wurde auf der Hauptbühne mit The Sideburns, Lousy aus Chemnitz auf der Zeltbühne, Jesus Piece und Topnovil. Die Eastside Boys spielten auf der Mainstage und wurden nicht nur von einem gut gelaunten Publikum sondern auch von Sonnenstrahlen begrüßt. Die Freude über das Wetter war deutlich spürbar und „Kein Punk in deiner Stadt“ wurde lautstark mitgesungen.

Vom Berliner Oi!Punk zum Berliner Hardcore. Punishable Act machten im Anschluss ihre Fans im Zelt glücklich. Sänger Mike gewohnt sympathisch charismatisch und nah beim Publikum. Er gibt gern ab und lässt sein Publikum ihre Textsicherheit präsentieren. Mit Für immer bekommt der Auftritt einen kraftvollen Abschluss und entlässt das Publikum in den Samstagnachmittag. Wer regelmäßig zum Endless Summer kommt, weiß warum sich im Laufe des Tages vorm Festivaleingang immer mehr Menschen versammeln. Doch dieses Jahr war etwas anders. Das allseits beliebte Boxen blieb aus. Wir fragten nach. Der Ringrichter sei dieses Jahr nicht zugegen, deswegen findet es nicht statt. Schade, wie wir finden. Hoffentlich wird diese Tradition im nächsten Jahr wieder aufgenommen.

Wir drehten eine Runde über den großen Zeltplatz, erspähten eifrige Pfandpiraten, kreative Schlafkonstruktionen und liebevoll gestaltete Pavillons. Während auf den Bühnen Soifass und Crushing Caspars ihr bestes gaben, gönnten auch wir uns eine Grillwurst auf dem Zeltplatz unterm Pavillon. Wieder zurück an der Mainstage freuten wir uns auf Berliner Weisse. Noch etwas müde von der letzten Nacht im Partyzelt verkündete Majo „Nie wieder Jägermeister“ und sie würden heute „nur Musik mache, ohne Kacke erzählen“. Wer die Berliner Oi!Punk Band kennt, weiß, dass das leichter gesagt als getan ist. Um Kacke ging es dann doch noch, zumindest bei dem deutlichen Wunsch „FreiWild in die Fresse zu schei**en“ während sie König von Deutschland zum besten gaben. Highlight der Show war wohl der Regen. Nein, in diesem Fall nicht das Wetter, sondern der Regen von Männerunterhosen in allen Farben und Größen, die beim Song Schlüpfer auf die Bühne flogen. Sichtlich angetan von der Geste bedankten sich die Jungs beim Publikum. Abgelöst wurden sie von einer weiteren Band aus der Landeshauptstadt. Toxpack pfefferten eine Stunde ihre Songs in die Menge.

Nach einer kleinen Umbaupause waren Madball an der Reihe. Erst vor zwei Jahren hatten die Herren aus New York die Mainstage zum Beben gebracht. Selbiges taten sie dann auch bis ihre Nachfolger auf der Bühne an der Reihe waren. Perkele aus Göteborg, die dem Endless Summer Festival ihren einzigen Deutschlandauftritt in diesem Jahr schenkten, gaben ihre Songs vor prall gefüllter Tanzfläche und unter schönstem Mondschein zum Besten. Die sternschnuppenreichste Nacht soll wohl auch gewesen sein, wir haben aber nur Sternburgschnuppen über den Rasen huschen sehen.

Die Mainstage schloß sich mit dem letzten Song für dieses Jahr und auf der Zeltbühne warteten die Untoten auf uns. Demented Are Go performten als absoluter Blickfang ihre Songs vor den tanzwütigen Festivalbesuchern. Sänger Sparky gibt der Psychobillyband der ersten Stunde einen unverwechselbaren Klang und den Fans das, was sie hören wollen. Bodies in the basement und das Cover funnel of love machen dem Publikum sichtbar Spaß und läuten die nicht enden wollende Samstagnacht ein.

Bevor das Endless Summer Publikum die Festivalbühnen aber verlassen durfte, beendeten Bad Co.project die Running Order für dieses Jahr. Ein letztes Mal wurde getanzt und mitgesungen, bevor der Rasen auf dem Gelände wieder sich selbst und der Regeneration überlassen wurde. Am Sonntag wurde fleißig aufgeräumt, Pfand gesammelt, Mülltüten in T-shirts umgetauscht und ein bisschen traurig auf die diesjährige Jubiläumssause zurückgeblickt.

Liebes Endless Summer, für das Wetter kann niemand was, aber man kann das Beste daraus machen. Das ist euch gelungen. Wir wünschen alles Gute, weiterhin so viel Spaß an der Freude und auf die nächsten 20 Jahre!

Das Endless Summer 2018 findet vom 09.-11.August statt.

3 Kommentare zu “In Gummistiefeln zur Jubiläumsfeier – Happy Birthday Endless Summer”

  1. Nummer 1: Dördi Dörde sagt:

    Never forget!

  2. Nummer 2: eeeriction sagt:

    *Terror kommen aus Los Angeles

  3. Nummer 3: Staubige Mosh Pits & Gewitterwolken – Das 21. Endless Summer Open Air Festival sagt:

    […] kommt uns vor als wäre es grad erst gestern gewesen, dass wir den 20. Geburtstag des Endless Summer Festivals feierten. Der Acker, auf dem normalerweise Pferde genüsslich ihr Futter mümmeln, mutierte vom 9. […]

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